Die Entwicklung der Farbwiedergabe

Wenn sich die Musiker eines Orchesters auf ihren Auftritt vorbereiten, stimmen sie zuvor ihre Instrumente aufeinander ab – üblicherweise auf ein eingestrichenes a oder »Kammerton a«. Wie in der Musik müssen alle, die mit Farbe am Computer arbeiten, ihre Geräte stimmen – das nimmt uns heute das Farbmanagement ab. Und wie in der Musik müssen sich Fotografen, Grafiker und Techniker darauf einstellen, dass nicht jedes Instrument gleich viele Oktaven umfasst.

Heute gehören farbige Bilder in Zeitschriften, Büchern, auf dem Monitor des Computers, in Film und Fernseher zum ganz normalen Alltag und wirken so natürlich, dass sich kaum noch jemand an die Zeit vor der Farbe erinnert. Tatsächlich war der Umgang mit dem Farbbild bis zum Ende des 20. Jahrhunderts wenigen Profis in Druckereien und Reproanstalten und natürlich den Künstlern vorbehalten.

Eine verlässliche Farbwiedergabe war auf spezielle geschlossene Systeme beschränkt: z.B. auf die Scanner, Belichter und Drucker von Linotype, Kodak und Scitex. Die Geräte wurden innerhalb eines Betriebes in aufwändigen Verfahren aufeinander abgestimmt. Auf das Einbinden von Profilen, so wie heute mit dem Farbmanagement, konnte verzichtet werden ... „man“ wusste in der Druckvorstufe ganz einfach, woher das Bild kam und in welchem Farbraum es gescannt worden war.

Drucken ist schwarze Kunst

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts waren die meisten Farbreproduktionen Lithographien, die nicht unbedingt auf vier Farben beschränkt waren. Mit sechs oder acht oder sogar zehn Farben entstanden Lithographien von großer Tiefe und feinsten Schattierungen. Wie bei den modernen Tintenstrahldruckern waren ein helles Magenta und ein helles Cyan häufige Extrafarben.

Farbdruck: alte Litographie mit Früchten

Der frühe Dreifarbdruck

Erfunden wurde der Dreifarbdruck von Jacque Christophe Le Blon (1667 in Frankfurt). Le Blon war Miniaturenmaler in Amsterdam. 1719 sicherte er sich ein Patent für ein Verfahren, dass er Printing Paintings nannte und für das er drei Druckplatten benutzte, die er mit einem Mezzotint-Verfahren gravierte. Seine Tinten waren in einem gewissen Grad durchsichtig, und manchmal benutzte er eine vierte Druckfarbe – Schwarz.

Zander ließ 1908 einen Vierfarbdruck auf der Basis von Grün, Magenta, Blau und Gelb patentieren. Erst nach dem zweiten Weltkrieg erreichen die verwendeten Pigmente und bessere Druckplatten die Qualität für einen guten Vierfarbdruck.

High Fidelity Printing

Der moderne Druck mit vier Farben (Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz) wurde bereits 1934 entwickelt, aber ging erst spät in die Massenproduktion von Zeitschriften, Katalogen und Büchern ein.

Die erste Farbwiedergabe für ein breites Publikum entstand im Film. Selbst das Farbfernsehen kam vor dem Farbdruck in Zeitschriften und Büchern.

Als die Farben noch braun waren

Im frühen Vierfarbdruck der 70er Jahren war es noch gar nicht möglich, Farben so brillant und leuchtend wiederzugeben wie heute. So mussten sich Produkt- und Modefarben in der Frühzeit des Vierfarbdrucks den technischen Möglichkeiten unterwerfen – die leuchtenden gesättigten Farben und die feinen Pastelltöne der heutigen Zeit hätten in keiner Zeitschrift, keinem Buch und keinem Katalog reproduziert werden können.

Vierfarbdruck.jpg

Brauntöne und Erdfarben beherrschten das Design in der frühen Zeit des Vierfarbdrucks.

Bahamabeige war die erste Farbe, die auf breiter Basis in die Badezimmer einzog – kein Wunder: Schon in den frühen Zeiten des Vierfarbdrucks konnte Bahamabeige in jedem Katalog problemlos gedruckt werden.

bahamabeige

Farbe für Alle: der Computer

Erst der Computer hat Leben in die Farbe gebracht und die Farbreproduktion für jedermann zugänglich gemacht. Heute kann jeder mit einem Computer farbige Bilder scannen, aus seiner Kamera laden, bearbeiten, auf dem eigenen Farbdrucker ausgeben oder im Internet ein farbiges Fotobuch herstellen lassen.

Die schwarze Magie allerdings ist geblieben. Der Transfer eines Bildes von einem Rechner auf einen anderen Rechner oder von einem Medium in ein anderes Medium bringt den Anwender im Handumdrehen an den Rand einer Nervenkrise.

Wenn ich ein Bild mit der Digitalkamera aufnehme oder scanne und auf meinem Monitor betrachte, stehe ich immer vor einem Dilemma. Zeigt mit der Monitor alle Farben, die der Scanner oder die Digitalkamera erfasst haben oder bleiben mir feine Farbabstufungen verborgen? Sind die Blüten der tiefroten Hängebegonien tatsächlich nur ein roter Klecks ohne jegliche Zeichnung oder hat mein Monitor für die feinen Töne der Blüten einfach nichts übrig?

Bevor wir diese Fragen beantworten und den Problemen der Farbdarstellung auf unterschiedlichen Medien entgegnen, brauchen wir einen festen Wert für jede Farbe, die unser Auge unterscheiden, die von einem beliebigen Gerät erzeugt werden könnte, die ein Scanner erfassen oder eine Digitalkamera aufnehmen kann und die wir auf einem Drucker ausgeben können.

Farbmanagement – die Kunst, ins Schwarze zu treffen

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