Anpassung der Farbtemperatur

Der Weißabgleich der digitalen Kamera ahmt die automatische Anpassung des menschlichen Auges an die Farbtemperatur des Umgebungslichts nach. Wenn wir ein weißes Blatt Papier unter dem Licht einer Glühlampen sehen, erscheint es uns trotzdem weiß.

Wenn wir die Farbtemperatur eines Fotos ändern, muss eine Farbtemperatur-Transformation durchgeführt werden.

Das menschliche Auge passt sich an verschiedene Lichtstärken in einem ersten Schritt durch die Öffnung der Iris an – zu vergleichen mit der Blendenöffnung der Kamera. Diese Adaption geschieht schnell.

In einem zweiten Schritt verändern die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut ihre Lichtempfindlichkeit – zu vergleichen mit der Änderung der ISO-Empfindlichkeit der Kamera. Die Physiologie bezeichnet diese Anpassung als retinale Adaption.

Chromatische Adaption: Anpassung an die Lichtfarbe

Eine weitere Anpassung ist ein automatischer Weißabgleich des Auges bei verschiedenen Lichttemperaturen. Diese Anpassung wird in der Physiologie als Chromatische Adaption bezeichnet. Beim rötlichen Licht einer Glühlampe wird die Empfindlichkeit der rotempfindlichen Zellen im Vergleich zu den anderen Zellen verringert, so dass ein Beobachter ein weißes Blatt Papier, das unter rotem Licht eine proportional erhöhte Menge roten Lichts reflektiert, ebenfalls als weiß empfinden wird.

Pupillenlichtreflex / Anpassungsvorgänge in der Netzhaut

Bei digitalen Kameras kann die Farbtemperatur vorgegeben werden – z.B. bei der Aufnahme mit Kunstlicht 5200 Kelvin. Wenn die Farbtemperatur dann doch nicht stimmig ist, kann bei einer RAW-Aufnahme die Farbtemperatur nachträglich geändert werden.
Links: Aufnahme bei Tageslicht mit 6500 Kelvin.
Rechts: Aufnahme bei Kunstlich mit 5300 Kelvin

Farbe der Lichtquelle

Zu den kolorimetrischen Daten eines Farbmusters muss also immer eine Lichtquelle angegeben werden. Im Idealfall müssen die kolorimetrischen Daten unter einer anderen Lichtquelle neu gemessen werden. Für viele Anwendungen wie z.B. die Bildbearbeitung sind diese spektralen Daten nicht verfügbar.

Wenn keine spektralen Daten verfügbar sind, sollen nach ASTM E308-01 die Wichtungen der color-matching-Funktionen zwischen 360 nm und 390 nm zu den Wichtungen bei 400 nm hinzugerechnet werden und die Wichtungen der color-matching Funktionen zwischen 710 und 780 nm wurden zu den 700 nm-Wichtungen hinzugerechnet.

ASTM E308-01 (ersetzt ASTM E308-99)
Standard Practice for Computing the Colors of Objects by Using the CIE System
ASTM International
10-Aug-2001

In diesem Fall transformiert die CAT (Chromatic Adaptation Transform) die Farbdaten.

Die chromatische Adaptions-Transformation wird im XYZ-Farbraum durchgeführt – der Farbrechner transformiert eine Quellfarbe in eine Zielfarbe durch eine lineare Transformation von (Xsrc, Ysrc, Zsrc) in (Xdest, Ydest, Zdest).

  X                   X
[ Y ]dest = [ M ] • [ Y ]src
  Z                   Z
			

Dazu können verschiedene Methoden verwendet werden: XYZ-Scaling, Bradford und von Kies. Alle drei Methoden sind nur Annäherungen, wobei Bradford die beste Annäherung darstellt. Die Annäherung ist um so besser, je geringer der Unterschied zwischen den Lichttemperaturen ist und dabei fällt die Annäherung um so weniger gut aus, je weiter die Farbe vom neutralen Ton entfernt liegt.

Die Transformation D65 nach D50 ist die häufigste Transformation. Monitore sind i.d.R. auf D65, der Druck unter D50.

von Kies CAT von D65 nach D50

	  1.0161  0.0553 -0.0522
K = [ 0.0060  0.9956 -0.0012  ]
	  0.0     0.0     0.7576
			

J. von Kies, „Chromatic Adaptation“, Erstveröffentlichung in Festschrift der Albrecht-Ludwigs-Universität (1902).

Bradford CAT von D65 nach D50         D50 nach D65                C nach D50
			
	  1.0479  0.0229 -0.0502          0.9556 -0.0230  0.0632      1.0377  0.0154 -0.0583
B = [ 0.0296  0.9904 -0.0171  ]      -0.0283  1.0099  0.0210      0.0171  1.0057 -0.0189
	 -0.0092  0.0151  0.7519          0.0123 -0.0205  1.3299     -0.0204  0.0204  0.6906
			

RGB coordinates of the Macbeth ColorChecker

Für nicht standardisierte Beleuchtungen müssen die XYZ-Koordinaten mit einem Kolorimeter gemessen werden.

Die Bradford-Matrix (der Name Bradford ist die Stadt in England, in der die Bradford-Matrix entwickelt wurde) ist die jüngste unter diesen Methoden und ist der Standard in ICC-Profilen. Die vereinfachte Matrixdarstellung der Bradford-Transformation werden nur die XYZ-Koordinaten des Quellweiß und des Zielweiß benötigt, um die Bradfordmatrix abzuleiten.

  Rdw        0.8951  0.2664 -0.1614       Xdw
[ Gdw ] = [ -0.7502  1.7135  0.0367 ] • [ Ydw ] 
  Bdw        0.0389 -0.0685  1.0296       Zdw
			
  Rsw        0.8951  0.2664 -0.1614       Xsw
[ Gsw ] = [ -0.7502  1.7135  0.0367 ] • [ Ysw ] 
  Bsw        0.0389 -0.0685  1.0296       Zsw
			
				  Inverse Cone Response Matrix                                  Cone Response Matrix

  Bradford        0.9870 -0.1471  0.1600       Rdw/Rsw    0        0            0.8951  0.2664 -0.1614
[  3 x 3   ] = [  0.4323  0.5184  0.0493 ] • [   0      Gdw/Gsw    0      ] • [-0.7502  1.7135  0.0367 ]
   Matrix        -0.0085  0.0400  0.9685         0        0      Bdw/Bsw        0.0389 -0.0685  1.0296
			

In der ICC4-Spezifikation gibt es einen chad-Tag, die chromatische Adaption ist also in das Profil eingebaut:

"This tag converts an XYZ color, measured at a device's specific illumination conditions, to an XYZ color in the PCS illumination conditions after complete adaptation."

Der chad-Tag ist eine 3x3-Matrix. Der chromaticAdaptationTag wird beim perzeptiven Rendering Intent nicht angewendet.

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